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Pyramide in Tikal

Guatemala vom 23.3.2019 bis 16.4.2019

Guatemala ist mit 17 Mio. Einwohnern der Bevölkerungsreichste Zentralamerikanische Staat und 108'890 km2 gross. Im Norden grenzt er an Mexiko, östlich an Belize und das Karibische Meer, südlich an Honduras und El Salvador und im Westen an den Pazifik. Spanisch ist die Amtssprache, dazu kommen noch über 20 Maya-Sprachen. Maya-Ruinen, Maya-Märkte, Bauwerke aus der spanischen Kolonialzeit, Vulkane und der Atitlan-See, ein riesiger Vulkansee der von Kaffeefeldern und kleinen Dörfern umgeben ist, sind die Hauptatraktionen. Kaffee, handgewobene Textilien, Bananen und Kardamon sind die wichtigsten Exporte.
Währung ist der Quetzal, Fr. 1.00 = Quetzal 7.75

Der Grenzübertritt von Belize nach Guatemala verlief mit einem Grenzhelfer recht speditiv und dauerte weniger als eine Stunde. Als erstes kam wieder eine Fahrzeugdesinfizierung, dann Visaantrag ausfüllen und eine kleine Einreisegebühr bezahlen - der Stempel ist im Pass. Nun folgt der Einfuhrantrag für das Wohnmobil und dazu werden Kopien von Reisepass, Führerschein, Fahrzeugausweis und ausgefülltem Einfuhrantrag benötigt, aber an der Grenze gibt es keinen funktionierenden Kopierer. Mit dem Grenzhelfer ging es zu Fuss zum ersten Polizeiposten im Landesinnern wo die Kopien sofort erstellt wurden und nach dem Bezahlen der Einfuhrgebühr war alles erledigt.

Auf einer gut ausgebauten Asphaltstrasse erreichte ich die Insel Flores im Lago de Petén Itzà. Flores verströmt ein mediterranes Flair mit seiner Promenade die um die ganze Insel führt, den vielen kleinen Hotels und Restaurants, viele davon mit Dachterrasse und Seesicht. Jeden Abend bei Dämmerungsanfang startet der grosse Fahrzeugkorso. Jeder der etwas von sich hält und ein Fahrzeug besitzt umrundet mehrmals die Insel mit dröhnendem Radio und Gehupe. Pickups mit voller Ladefläche, gut überfüllte PW's und Motorräder mit 4-köpfiger Familie hintereinander und bei allem Gedränge versuchen die Tuk-Tuk Fahrer noch zu überholen.
Von Flores aus unternahm ich mit drei Deutschen Travelern, die  ich schon in Belize angetroffen habe, einen Ausflug zur sehr eindrucksvollen Maya-Stätte Tikal. Die Grundlegung begann ca. 700 Jahre vor Christus und erstreckte sich über 30 km2 und wurde von bis zu 100'000 Menschen bewohnt. Das besondere sind fünf hoch aufragende, steilwandige Tempel mit einer Höhe von 45 m die das Blätterdach des Dschungels überragen. Einige Gebäude können bestiegen werden und man erhält somit einen Überblick von der Grösse dieser Anlage. Die mitten im Dschungel liegende Stadt ist mit breiten Spatzierwegen vernetzt wo ich Affen, Nasenbären, Pfauentruthühner und viele Vögel sah.

Auf guter Strasse fahre ich südwärts nach Rio Dulce. Die Stadt am Lago de Izabal gleicht einem Ameisenhaufen, viele Verkaufsstände sind auf der Strasse aufgestellt, Heerscharen von Leuten, Motorräder und Tuk-Tuks versuchen aneinander vorbei zu kommen. Bei einer Pause am See warten viele Ausflugsboote auf Gäste und auf Doks und in Hafenanlagen liegen grosse Jachten weil der See als Hurrikan sicher gilt und einen Zugang zum Karibischen Meer hat. Dem See entlang fahre ich westlich um dann auf eine nicht endende Schotterpiste zu gelangen, die angeblich zum schönsten Ort in Guatemala führt, Semuc Chamey. Die Piste verlangte von mir und dem Sprinter alles ab, aber das Sahnehäuptchen kam erst 200 m vor dem Ziel. Eine Brücke mit fehlenden und gebrochenen Holzbalken und das schon bei Dunkelheit. Dank der Hilfe von Marie, einer 13 Jahre alten Maja-Frau die englisch sprach, konnten einige Bretter organisiert werden und ihr Bruder lotste mich dann um die Löcher über die Brücke. Nach einem Aufregenden und langen Tag fiel ich in einen tiefen Schlaf. Gespannt auf die Naturschönheiten  startete ich zur geführten Tour zum Aussichtspunkt hoch über den Wasserbecken. Der steile Aufstieg wird von einem grandiosen Ausblick belohnt und schönen Fotosujets. Auch der Abstieg ist anstrengend und ich freue mich auf das erfrischende Bad in den diversen Pools mit den schimmernden Farben. Das Besondere ist, dass der reissende Rio Cahabon durch die Karstfelsen direkt unter den Pools durch fliesst. Nach einem kurzen Lunch führt die Tour zu einer Karsthöhle die durchquert wird. Jeder Teilnehmer erhält eine Kerze und der Einstieg ins Labierint beginnt. Schon nach wenigen Metern heisst es schwimmend einen tiefen Pool überqueren und die Kerze immer schön über Wasser halten, dann Eisenleitern hoch, auf schmalen Felsbändern weiter und wieder schwimmen. So ging es 45 Minuten lang bis es immer enger wurde und dann ein Loch zum Vorschein kam wo das Wasser verschwand. Der Guide platziert sich beim Loch und gibt jedem Anweisungen wie man sich hinlegen und fallen lassen muss, nach dem Auftauchen reicht er die brennende Kerze hinunter. Kurze Zeit später erreiche ich den Ausgang. Ein tolles Erlebnis. Der letzte Teil der Tour ist der gemütlichste, ich lasse mich in einem aufgeblasenen Autoschlauch auf dem ruhigen Rio Cahabon von der Strömung treiben, vorbei an Enten, Fischern und Mayas. Mit dabei auch einige geschäftstüchtige Bierverkäufer mit Kühlbox. Auch vom Ufer aus und von der Brücke wird Bier angeboten, bezahlt wird beim Rückmarsch und wenn kein Geld dabei ist hohlen sie es in der Unterkunft ab. Das Hostel, wo ich im Innenhof Übernachten durfte ist nur mit dem Pickup erreichbar auf einer der schlechtesten Piste die ich angetroffen habe. Die Gäste sind trotzdem recht Zahlreich. Am nächsten Morgen durfte ich wieder über die defekte Brücke fahren, diesmal aber bei Tageslicht.

Mein Ziel ist der Atitlàn See, aber dem angeblichen Chaos um Guatemala-Stadt will ich ausweichen und beschliesse eine nördliche Route zu befahren über die Berge. Unglaublich was Google Maps alles für Strassen findet, Strassen sind das nicht mehr und wenn da alle Wochen ein Fahrzeug durch kommt ist es schon ein grosses Verkehrsaufkommen. Dafür ist die Landschaft etwas vom Schönsten, Bergrücken, tiefe Täler, Flüsse und ganz wenige Bewohner die über mein Kommen staunen und freundlich winken. Am Abend treffe ich in Panajachel am Lago de Atitlàn ein. Leider sind die ersten beiden Stellplätze von iOverlander nicht brauchbar, der dritte direkt am See aber umso schöner. Der Vulkansee ist 300 m tief und wird von drei Vulkanen überragt, die sich am Morgen mit einem Wolkenhut darin spiegeln. Hier stehen auch drei Wohnmobile aus Frankreich, die ich teils schon früher getroffen habe. In der Stadt gibt es eine lange Marktstrasse wo an vielen Ständen Kleider, handgewobene Decken, Armbänder, Holzmasken und Landschaftsbilder feilgeboten werden. Im Supermarkt staune ich über das grosse Angebot an Lebensmitteln und Getränken, ja es gibt sogar französischen Käse und Butter. Im Reiseführer lese ich, dass San Pedro auf der anderen Seeseite  schön und lebhaft sein soll. Auf der Piste direkt dem See entlang durch fuhr ich einige Dörfer wo die Strasse kaum breiter war als mein Wohnmobil, die Bewohner sitzen in ihren Trachten vor den Häusern, Frauen im Wickelrock und Männer mit weissem Hut. Meine Routenwahl erforderte wieder alle meine Fahrkünste inklusive 4 x 4 Antrieb und dauerte für die 63 km 3 ½  Stunden. Auch San Pedro ist eine Herausforderung. So viele schmale Strasse dass sogar das Tuk-Tuk zu breit ist, erschweren das Auffinden meines Übernachtungsplatzes im Hof des Hotels San Pedro. Bei der ersten Besichtigungstour traf ich wieder meine drei Deutschen Freunde, viele andere Touristen und Aussteiger, gute Restaurants und viele Hostels, Sprach- und Yogaschulen. Das Dorf mit 14'000 Einwohnern ist zweigeteilt. Am See ist die Touristenzone mit Ramba-Zamba zu Spottpreisen, dann der grosse überquellende Markt und darüber leben am Berghang die Einheimischen. Kaum ein Haus ist fertig erstellt und alle versuchen davor noch etwas zu verkaufen, seien es Früchte, Gemüse, Gekochtes oder Handarbeiten. Die Sprachschulen hier haben bei den Nordamerikanern  einen guten Ruf weil sie sehr günstig sind und das Klima angenehm ist. 20 Stunden Einzelunterricht die Woche kosten $ 125.00 und das Hostel pro Nacht $ 8.00. So treffen hier Junge, graue Füchse und Aussteiger aufeinander und die Herzlichkeit mit Einheimischen zeigt, dass einige sich schon länger kennen.

Da in Kolumbien grosse Proteste und Unruhen ausgebrochen sind, die Panamericana und der Süden für Ausländer gesperrt ist, entschloss ich mich vorerst hier zu bleiben und auch einen Spanischkurs zu besuchen.


2. Teil

Die Spanischschule in San Pedro war sehr anstrengend aber lehrreich. Mit der richtigen Aussprache wissen die Leute jetzt auch was ich möchte und lerne jeden Tag neue Wörter. Die vier Stunden Einzelunterricht mit Hausaufgaben forderten mich, dazu nutzte ich das Freizeitangebot der Schule. So besuchte ich eine Kaffeeplantage wo der ganze Prozess mit sortieren, waschen, schälen und nochmals waschen und sortieren, dann trocken und für die Rösterei in Säcke abfüllen erklärt und vorgeführt wurde. Mit etwas Salsa quälte ich mich auch noch ab. Als Übernachtungsplatz konnte ich einen Hotelparkplatz benützen inklusive Swimmingpool. Die Spanischschule Cooperativo unterstützt mit dem Schulgeld auch Bedürftige und Kinder. So durfte ich pro Woche Schulzeit eine Lebensmitteltasche gefüllt mit je einem Sack Bohnen und Reis, einer Flache Öl, 8 Eiern und anderen notwendigen Artikeln einem Blinden und einer alten Mayafrau übergeben. Beim Besuch dieser zwei Personen blieb mir die Spucke weg. Diese Lebensbedingungen sind so schlimm, dass ich mich nicht getraute zu fotografieren. Wenn in der Schweiz in diesen Behausungen Schweine gehalten würden, wäre eine Klage des Tierschutzes sicher.

Nach zwei Wochen still sitzen packt mich wieder die Reiselust. Die Gegend um den Atitlan See verlasse ich über eine steile Betonstrasse mit vielen Spitzkehren und herrlichem Ausblick über den See und die Vulkane. Antiqua, die einstige erste Hauptstadt von ganz Zentralamerika ist mein Ziel. Die Stadt wurde durch Erdbeben mehrmals zerstört, ist aber nicht unter zu kriegen und wurde immer wieder aufgebaut mit noch dickeren Mauern und nur noch einstöckig. Auch die Kirchtürme sind nicht hoch. In Antiqua finden die grössten kirchlichen Prozessionen statt und das über Wochen am Morgen und am Abend. Auf den Strassen werden riesige, teils mehrere hundert Meter lange Bilder aus Blumen oder eingefärbtem Sägemehl errichtet. Es sind wahre Kunstwerke die nur kurze Zeit überleben. Die Prozessionen dauern mehrere Stunden und beim Start wird in der zweiten Hälfte noch hart an den Bildern gearbeitet. Tausende von Einheimischen und Besuchern säumen den Weg. Vorab laufen violette Kapuzenmänner, dann folgen Bilder aller Stationen des Kreuzweges und dazwischen unzählige in Trauer gekleidete Frauen und Weihrauchträger die alles mit Rauch einhüllen, dass ein Hustenreiz inklusive ist. Diese Gruppen dürfen die Strassenbilder nicht betreten, das bleibt den Trägern der grossen schweren Holzplattformen mit den Darstellungen des Kreuzweges in Echtgrösse vorenthalten. Die Gebilde sind mehrere 100 Kilos schwer, teilweise über eine Tonne und so hoch, dass alle Stromleitungen angehoben werden müssen. Beim Vorwärts gehen wird nur mit ganz kleinen Schritten gelaufen und zudem die Plattform seitlich, vor- und rückwärts geschaukelt. Die Gesichtsausdrücke der Träger zeugen von Schwerstarbeit. Das ganze wird von einer grossen Musikgruppe mit Trauermusik begleitet. Die Tiefgläubigkeit dieser Menschen ist erstaunlich, da die Katholische Kirche ihnen ihre gesamte Kultur vernichtet hat und auf fast jedem zerstörten Tempel eine Kirche oder ein Kloster aufgebaut hat. Neben der Prozession herrscht Jahrmarktstimmung. Souvenier-Händler, Fast-Food-Verkäufer, Mayas mit Handarbeiten und viele mehr buhlen um die zahlreiche Kundschaft. Antiqua hat aber auch einen riesigen Busbahnhof. Die farbigen Buse fahren in alle Richtungen im ganzen Land und auch nach El Salvador. Da wird alles eingeladen oder auf das Dach gebunden, ob Fahrrad oder lebende Hühner. Gleich daneben ist ein riesiger Markt der bei Einheimischen keine Wünsche offen lässt. Touristen verlaufen sich hier her eher selten, aber es ist einen Besuch wert, Augen und Nase kommen in Schwingungen.

Von Antiqua aus fuhr ich in 40 Minuten zum Vulkantour-Anbieter ASOAVA, am Fusse des Acatenango. Die Standart-Tour dauert zwei Tage, geschlafen wird in einem Zeltcamp auf 3600 m Höhe und am nächsten Morgen wird für den Sonnenaufgang der 3960 m hohe Acatenango bestiegen. In dieser Höhe und Kälte in einem Zelt schlafen ist nicht mein Ding. Das schaffe ich in einem Tag. Nach zähen Verhandlungen konnte ich den Preis von Fr. 100.00 auf Fr. 45.00 für eine Einzeltour drücken und der Start wurde auf 23.00 Uhr vereinbart. Jetzt musste ich vorwärts machen. Etwas essen, Ausrüstung bereitstellen und zwei Stunden aufs Ohr liegen. Pünktlich um 23.00 Uhr führte uns der Geländewagen auf 2400 m Höhe wo wir um 23.15 Uhr zu Fuss und mit Stirnlampe den erloschenen Vulkan in Angriff nahmen. Der Weg ist steil und auf dem lockeren Vulkangestein und Staub geht es zwei Schritte vor und einer zurück. Wir sind die einzigen Nachtwanderer und erreichen um 02.20 Uhr das Basislager in 3600 m Höhe. Das Lagerfeuer brennt noch aber es ist bitter kalt. Den Aufstieg sind wir im T-Shirt gelaufen und jetzt warmes Hemd, Skijacke und immer nach kalt. In einem Sessel neben dem Feuer beobachte ich den grollenden und Feuer spuckenden Vulkan Fuego in zwei Kilometer Entfernung. Ein fantastisches Naturerlebnis, das ich nie vergessen werde. Ich konnte mich nicht satt sehen von diesem Feuerzauber und neben mir der schlafende und schnarchende Guide. Um 04.30 Uhr startete die 2-Tagestour zum Gipfel um den Sonnenaufgang zu bestaunen. Sie waren alle durchfroren und haben kaum ein Auge zu getan, was mich in meiner Tourenwahl bestätigte. Ich bewunderte den Sonnenaufgang über dem Nebelmeer im Basislager und startete erst um 06.30 Uhr zum Gipfel. Für die sehr anstrengenden 360 Höhenmeter benötigten wir 50 Minuten. Belohnung sind viele aus dem Nebelmeer ragende Vulkanspitze und der weiterhin spuckende Fuego, am Tag leider ohne Feuerschein dafür mit dicken Rauchschwaden. Der sehr starke und kalte Wind zwang uns zum baldigen Abstieg. Auf diesem begegneten wir ganzen Volksscharen. Unglaublich was da mit Badelatschen und Ballerinas den Berg hoch kriecht. Nach der Rückkehr konnte ich beim Touranbieter duschen und fuhr dann nach Antiqua zurück. Hier konnte ich wieder im gut bewachten Park der Polizei mein Wohnmobil abstellen. Meine staubigen und verschwitzten Kleider übergab ich einer Wäscherei und konnte sie 2 ½ Stunden später zusammengelegt und wohl riechend abholen. Nach einem kleinen Nachtessen fand ich um 19.30 Uhr einen gesunden Schlaf. Das war meine letzte Nacht in Guatemala. Am Morgen habe ich noch Wasser und Diesel gefüllt, meine letzten Quetzals in Lebensmittel getauscht und bin dann nach El Salvador gestartet.

Es war eine sehr schöne Zeit mit vielen tollen Erlebnissen und sehr freundlichen und lieben Menschen. Warum nur hat dieses Land in Europa einen so schlechten Ruf?


Reiseroute in Guatemala
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